In den letzten Wochen war ich auf meinem allerersten Großkonzert: Robbie Williams im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion in Wien. 50.000 Menschen. Jubel. Tränen. Berührung. Und ich? Eigentlich nie das große Fan-Girl. Und doch: Ich war fasziniert.
Es war nicht nur die Musik. Nicht nur die Energie. Es war die Art, wie ein Mensch mit seiner Geschichte, seinen Ecken, seinen Stärken und seinem Humor Tausende inspiriert – berührt – geführt hat. Was das mit Leadership zu tun hat? Eine ganze Menge. Denn moderne Führung entsteht nicht mehr aus Macht oder Kontrolle, sondern aus Präsenz, Echtheit und der Fähigkeit, Verbindung zu schaffen. Genau das hat Robbie Williams an diesem Abend verkörpert – auf seine ganz eigene, berührende Art.
Hier sind fünf Leadership-Learnings, die mich nachhaltig inspiriert haben:
1. Präsenz schafft Vertrauen – nicht Position
Robbie war nicht einfach da – er war präsent.
Keine Showmaschine. Kein Autopilot.
Sondern ein Mensch, der mit voller Aufmerksamkeit in der Begegnung war.
Jede Geste, jeder Satz, jeder Blick hatte Tiefe. Er war nicht laut, sondern klar.
Nicht übertrieben, sondern ganz da – im Moment, im Raum, bei den Menschen.
Genauso wünschen sich Mitarbeitende heute Führung:
Nicht als bloße Funktion, sondern als bewusste Präsenz.
Als jemand, der zuhört, der spürt, der führt – nicht durch Druck, sondern durch Orientierung, Klarheit und innere Stabilität.
Wahre Präsenz wirkt. Und sie schafft Vertrauen, das keine Position ersetzen kann.
2. Verbindung entsteht durch echte Emotion – nicht durch Kontrolle
Robbie sprach mit uns. Nicht als Star, sondern als Mensch.
Er erzählte Geschichten, scherzte, wurde leise, berührte uns mit kleinen Gesten.
Immer wieder blickte er ins Publikum, suchte echte Verbindung – und fand sie.
Es war erstaunlich, wie aus 50.000 Einzelnen plötzlich eine Gemeinschaft entstand.
Nicht durch Perfektion. Sondern durch Emotion.
In Unternehmen erleben wir oft das Gegenteil: Kontrolle statt Kontakt, Strategie statt Beziehung.
Doch Leadership heute bedeutet, emotional erreichbar zu sein – für sich selbst und für andere.
Nur wer bereit ist, wirklich zu fühlen, kann andere emotional erreichen –
und damit einen Raum schaffen, in dem Vertrauen, Kreativität und Mut wachsen können.
3. Mut zur Verletzlichkeit ist wahre Größe
Einer der stärksten Momente des Abends war, als Robbie über seine Vergangenheit sprach – offen, ehrlich, ohne Selbstmitleid.
Er sprach über seine Sucht, über dunkle Phasen, über Kämpfe mit sich selbst. Und über seinen Weg zurück ins Leben.
Besonders berührend war, wie sehr er die Menschen ehrte, die ihn auf diesem Weg begleitet und an ihn geglaubt haben.
Er sagte mit bewegter Stimme, wie dankbar er sei, dass einige dieser wichtigen Wegbegleiter an diesem Abend im Publikum seien.
Dieser Moment war tief. Menschlich. Wahr.
Und er zeigte etwas Wesentliches: Verletzlichkeit macht nicht schwach – sie macht echt.
In der Welt der Führung erleben wir oft das Gegenteil:
Masken, Fassaden, der Versuch, immer souverän zu wirken.
Doch gerade in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit braucht es Menschen,
die den Mut haben, sich mit all ihren Facetten zu zeigen.
Wahres Leadership braucht keine Unfehlbarkeit – sondern Integrität.
Sie entsteht aus dem Mut zur Offenheit, zur Reflexion und zur eigenen Geschichte.
4. Humor ist ein Führungstool – kein Bonus
Robbie nahm sich selbst nicht zu ernst.
Er lachte über sich, spielte mit dem Publikum, brachte uns zum Schmunzeln.
Und genau dadurch entstand Leichtigkeit – auch in ernsten Momenten.
Sein Humor war nicht flach, sondern intelligent. Selbstironisch. Befreiend.
Und machte aus dem gigantischen Stadion plötzlich einen Raum,
in dem sich jeder willkommen und gesehen fühlte.
Führung darf leicht sein.
Nicht oberflächlich – aber menschlich.
Humor baut Spannungen ab, fördert Kreativität, stärkt Resilienz.
Und vor allem: Er verbindet.
Gerade in Krisenzeiten ist der Mensch gefragt,
der nicht nur strukturiert – sondern auch entlastet, beruhigt, ermutigt.
Humor ist Führungskompetenz mit Herz.
5. Echtheit führt – nicht Autorität
Trotz Millionen verkaufter Platten, trotz Weltkarriere und Fanmassen:
Robbie blieb Robbie.
Mit Ecken. Mit Brüchen. Mit Haltung. Und mit einem Herzen, das sichtbar war.
Er spielte keine Rolle. Er war, wie er ist – und genau das war es, was wir alle spüren konnten.
Diese Echtheit hat nichts mit Perfektion zu tun – aber alles mit Wirkung.
Menschen folgen nicht Autoritäten – sie folgen echten Menschen.
Leadership heute braucht nicht mehr Macht, sondern Klarheit, Charakter und Identität.
Nicht die glatte Oberfläche, sondern das gelebte „Ich bin ich“ führt.
Gerade in Zeiten von Unsicherheit braucht es Leader:innen,
die sich selbst treu bleiben – auch, wenn es unbequem wird.
Fazit: Leadership beginnt nicht auf der Bühne – sondern im Inneren
Wir brauchen keine weiteren Hochglanz-Rollen.
Wir brauchen Menschen, die führen mit Herz, mit Tiefe, mit Substanz.
Nicht, weil sie perfekt sind. Sondern weil sie echt sind.
So wie Robbie an diesem Abend – inmitten von 50.000 Menschen –
aber mit dem Mut, einfach Mensch zu sein.
„The only thing I’ve ever wanted is to be seen and loved for who I really am.“
– Robbie Williams
Ist das nicht auch das tiefste Bedürfnis jeder guten Führung?
Zur Autorin:
Eva-Maria Flucher begleitet Menschen und Führungskräfte seit mehr als zehn Jahren weltweit durch ihr integrales Mentoring-Programm für Leadership mit Sinn und Authentizität. Mit ihrem E3-Institut schafft sie Räume für echte Entwicklung, klare Ausrichtung und eine neue Kultur des Führens – im Business wie im Leben.
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