Die Finanzierung von Unternehmen ist für viele GründerInnen und UnternehmerInnen ein entscheidender Erfolgsfaktor – und dennoch bleiben die internen Entscheidungsprozesse der Banken oft ein undurchsichtiges Mysterium. In diesem Artikel nehmen wir Dich mit auf eine Reise hinter die Kulissen der Kreditvergaben. Wir werden gemeinsam entdecken,
welche Kennzahlen und Entscheidungsparameter Banken heranziehen, um die Bonität und das Ausfallrisiko potenzieller Kreditnehmer zu bewerten. Du siehst, welche Fallstricke häufig dazu führen, dass im Kern solide Finanzierungsanfragen abgelehnt werden. Weiter erhältst Du praxisnahe Tipps, wie Du Deine Unterlagen und Präsentationen so aufbereitest, dass sie den internen Entscheidungsprozess unterstützen.
Die internen Bewertungskriterien
Die weichen Faktoren müssen stimmen. Greifbare Grundlage aber sind Zahlen, Daten und Fakten. Wenn Du bereits ein bestehendes Business hast, in der Zukunft aber Fremdfinanzierungen anstehen, dann diskutiere gerne mit dem Steuerberater, ob Bewertungsspielräume in Richtung „Bonitätsoptimierung“ genutzt werden. Sehr viele UnternehmerInnen erstellen ihre Zahlen mit Fokus auf das Reduzieren der Steuern und wundern sich, dass Banken ihnen eine schwache Bonität zuschreiben.
Banken nehmen eine Vielzahl an Kennzahlen zur Bewertung her.
Drei sehr gängige und von Dir gut zu beeinflussende sind:
- Eigenkapitalquote: Verhältnis von Eigenkapital zu Bilanzsumme
- Liquiditätsgrad: Verhältnis von kurzfristig liquiden Vermögenswerten zu den kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten
- Debitoren-/ Kreditorenziel: Verhältnis zwischen den (Stichtags-)Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu Umsatz / Verhältnis zwischen den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zum Materialaufwand
Planzahlen sind das Um und Auf
Als Gründer hast Du in der Regel noch keine Vergangenheitszahlen und auch bei bestehenden Unternehmen werden die Kredite aus den Erträgen der Zukunft bezahlt. Sehr wichtig für Kreditentscheidungen sind daher die Planzahlen. Für Deine internen Zwecke erstellst Du sowieso eine Mehrjahresplanung, richtest daran Deine Entscheidungen aus und nutzt diese für das eigene Controlling. Den Banken gibt Du diese für einen Planungszeitraum von 3-5 Jahren. Wenn es sich bei den Planzahlen über die Worst-Case-Planung handeln sollte, teile dies der Bank mit. Andernfalls werden die Mitarbeiter sehr sicher ein eigenes Szenario rechnen. Ein Best-Case-Szenario sollte als solches gekennzeichnet sein und dann auch ein realistisches Szenario erstellt und übermittelt werden.
Die Kontoführung ist ein sehr wichtiger Entscheidungstrigger. Überziehungen und Rückgaben von Lastschriften sollten immer vermieden werden. Wenn diese absehbar unausweichlich werden sollten, sollte zuvor eine Absprache mit der Bank erfolgen und diese bei Zustimmung bitte ein internes Überziehungslimit einräumen. (Gerne den Hinweis geben, dass „das System nicht getriggert werden“ soll).
Die Kernfrage der Kreditentscheidung ist: „Gehen wir davon aus, dass das Unternehmen in der Lage sein wird, den künftigen Kapitaldienst zu leisten?“. (Kapitaldienst = Zins und Tilgung)
Drei Typische Fehler der UnternehmerInnen und GründerInnen und wie diese einfach zu vermeiden sind
Fehler 1: Planzahlen werden einfach „nur“ übermittelt
- Die Erträge der Zukunft dienen dafür, den Kapitaldienst der Zukunft zu decken. Also ist es wichtig, zu erörtern, weshalb die Zahlen so geplant wurden, wie sie sind. Die Planprämissen, also die Erläuterung der Annahmen und Grundlagen, sind essenzieller Bestandteil der Planung.
- Die beantragten Kreditmittel haben sich in den Planzahlen zu finden
Fehler 2: Die Zahlen werden 1:1 so weitergeleitet, wie sie von den Steuerberatern kommen
- Mögliche Sondereffekte sollten erklärt und bei Bedarf aus den Zahlen herausgerechnet werden.
- Vergleichswerte (z.B. Planung, Vorjahresperiode(n), Wettbewerb) erhöhen die Aussagekraft
Fehler 3: Es wird vergessen, dass Banker auch Menschen sind
- Auch das Kreditgespräch ist ein Verkaufsgespräch – finde die Bedürfnisse Deines Gegenübers und versuche diese zu befriedigen
- Mache aus dem Gegenüber eine(n) Verbündete(n) – unterstütze mit Branchenzahlen, Daten zu Wettbewerbern und habt ein gemeinsames Ziel bei der bankinternen Kreditentscheidung
Fünf weitere einfach umzusetzende Praxistipps
Ein sehr wichtiger Faktor ist Vertrauen. Vertrauen in die Unterlagen und Vertrauen in den Mensch. Auf die Unterlagen sind wir bereits eingegangen. Eine strategische Herangehensweise ist es, Kontakt zu Finanzierern aufzubauen, bevor wir eine konkrete Anfrage haben. Wir bauen so schrittweise Vertrauen auf, und -soweit bereits vorhanden übermitteln rein informativ bereits regelmäßig (z.B. 1x im Quartal) unser Reporting.
Reine Onlinebanken sind gut und haben ihre Berechtigung im Markt. Wenn Du heute davon ausgehen kannst in Zukunft Kreditmittel zu benötigen, ist eine wichtige Frage bei Auswahl der Bank, ob diese denn grundsätzlich Kredit vergibt. Banken möchten heute ihr gesamtes Dienstleistungsportfolio anbieten und nicht „nur“ der Kreditlieferant sein. Hilfreich ist, wenn bereits eine gemeinsame Historie mit positiven Erfahrungen in der Abwicklung des Zahlungsverkehrs besteht.
Partnerschaft vs. Abhängigkeit
Du solltest ein gutes Maß zwischen Partnerschaft und Abhängigkeit finden. In beinahe allen Geschäftskontakten hilft es uns, wenn wir viel Geschäft über einen Partner abwickeln. Das gilt auch für Banken. Wichtig ist aber, dass Du mehrere potenzielle Finanzierer hast, die gerne mit Dir arbeiten möchten. Partnerschaft ist häufig mehr wert, als das letzte Zehntel im Zinssatz.
Die Einschätzung der Auskunfteien ist ein sehr wichtiger Faktor. Du solltest daher die Bewertung Deines Unternehmens und die zugrundeliegenden Daten kennen. Die eigene „Selbstauskunft“ erhältst Du in der Regel sehr einfach. Hilfreich ist es, die Daten zu überprüfen und den Auskunfteien gerne über die positiven Aussichten zu berichten.
Konditionen sind mehr als der Zinssatz
Die Konditionen eines Kredits sind viel mehr als nur der Zinssatz. Die Zinsen sind der Preis für die Ware „Geld“. Bei anderen Produkten beachten wir auch mehr Aspekte als nur den Preis. Bei einem Kredit gibt es unter anderem noch die Zinsbindungsdauer, Bereitstellungsprovisionen, Laufzeit, mögliche Tilgungsstruktur, Sicherheiten, (Sonder- )Kündigungsrechte, Gewinnentnahmebeschränkungen und viele mehr. Wichtig ist hierbei, dass Du -wie bei jeder Verhandlung- die Punkte kennst, die Dir wichtig sind und die der Bank/ Deinem Gegenüber in Person wichtig sind.
Zum Autor Christopher Käser-Ströbel:

Seit 2002 aktiv im Geschäft der Unternehmensfinanzierungen, er war Kreditentscheider und
Firmenkundenberater. Im Springer Gabler-Verlag hat er 2020 ein Praxis-Fachbuch veröffentlicht,
„QuickGuide – Unternehmensfinanzierung für KMU und StartUps“.
Seit 2018 ist er selbstständig beratend in der Unternehmensfinanzierung tätig, hat eigene
Unternehmen / aktive Beteiligungen und reine Investitionen.
Wichtig ist ihm, dass Finanzierungen und Unternehmensstruktur auch die strategischen Ziele
unterstützen.
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