Ein Blick auf die psychologischen und anthropologischen Aspekte des Bodybuildings und die wertvollen Lektionen für unser eigenes Leben
Vor ein paar Tagen hat mich ein Instagram-Post auf eine wichtige, oft übersehene Wahrheit aufmerksam gemacht: die Tendenz vieler Menschen, ihre Unsicherheiten und Unzufriedenheiten auf andere zu projizieren. Es ist frustrierend zu beobachten, wie Menschen, die hart arbeiten und sich bemühen, häufig für ihre Erfolge kritisiert oder belächelt werden.
Sabine Döring Herold auf Instagram:
„Es ist immer wieder erstaunlich, was sich Menschen anmaßen – besonders, wenn sie keinen blassen Schimmer haben.
Nach dem Motto: ‚Die Intelligenten sollen still sein, um die Dummen nicht zu beleidigen!‘
Das Problem ist doch, dass diese Menschen meist unzufrieden mit sich selbst sind. Aber Haten ist ja viel einfacher, als bei sich selbst hinzuschauen.
Jeder, der trainiert und entsprechend aussieht, wird sofort unterstellt, er nehme irgendwelche Mittel.
Ja, tun wir, wir suchen unsere Lebensmittel mit Bedacht aus, tracken jeden Tag. Wir gehen täglich ins Fitnessstudio und trainieren hart. Für euch unvorstellbar, oder? Lieber auf der Couch sitzen, zocken, Netflix schauen und Tagesschau konsumieren.
Und wenn wir Hilfsmittel verwenden, heißt das nicht, dass wir uns ins Bett legen, vollfressen und warten, bis die Muskeln wachsen.
Nein, wir müssen noch mehr tun, als wir ohnehin schon tun.
Schaltet doch einfach mal euer Gehirn 🧠 ein, falls noch vorhanden, oder seid einfach still 😅💪🏾👍🏾
Schönes Wochenende! 🩷💪🏾“ – Sabine Döring
Dieses „Luftgemachte Ärger-Posting“ hat mich nachdenklich gemacht. Es hat mich dazu gebracht, mich intensiver mit dem Thema und den tatsächlichen Bedingungen auseinanderzusetzen. Denn die Disziplin von Bodybuildern wird häufig missverstanden und belächelt. Wie Sabine auf Instagram treffend formuliert, scheint es für viele Menschen einfacher zu sein, auf das Erreichte derjenigen herabzuschauen, die sich durch harte Arbeit und Engagement eine beeindruckende körperliche Transformation erarbeitet haben, anstatt die dahinterstehende Disziplin zu würdigen.
Abwertung des Bodybuildings
Diese Abwertung spiegelt nicht nur eine gesellschaftliche Tendenz wider, sondern offenbart auch eine tiefere Unzufriedenheit und das Bedürfnis, die eigene Lebensweise zu rechtfertigen.
Doch was steckt wirklich hinter der Hingabe und dem Training eines Bodybuilders?
In diesem Artikel möchte ich die Disziplin von Bodybuildern aus psychologischer und anthropologischer Perspektive beleuchten und aufzeigen, welche wertvollen Lektionen wir aus ihrem Lebensstil ziehen können. Von der Selbstmotivation und Zielsetzung bis hin zu den emotionalen und gemeinschaftlichen Aspekten – die Welt des Bodybuildings bietet weit mehr als nur beeindruckende Muskelmasse. Tauchen wir ein in die facettenreiche Lebensweise dieser oft belächelten Gruppe.
Die Disziplin der Bodybuilder: Ein psychologischer und anthropologischer Blick auf eine oft missverstandene Lebensweise
In einer Zeit, die von schnellen Lösungen und sofortiger Befriedigung geprägt ist, wird die Disziplin, die Bodybuilder an den Tag legen, häufig missverstanden oder belächelt. Oftmals werden sie auf ihre äußere Erscheinung reduziert, während die tieferen psychologischen und anthropologischen Aspekte ihrer Lebensweise in den Hintergrund treten. Es lohnt sich, die Disziplin von Bodybuildern genauer zu betrachten und zu verstehen, warum wir von ihnen lernen können – und sollten.
Die psychologische Dimension: Selbstmotivation, Zielstrebigkeit und Resilienz
Disziplin ist das Herzstück des Lebens eines Bodybuilders. Sie ist nicht nur eine Frage des physischen Trainings, sondern auch eine mentale Herausforderung. Bodybuilder müssen sich täglich neu motivieren, ihre Ziele zu verfolgen, auch wenn die Ergebnisse nicht sofort sichtbar sind. Diese Fähigkeit zur Selbstmotivation ist eine der wertvollsten Lektionen, die wir von ihnen lernen können.
Zielsetzung und Motivation
Bodybuilder setzen sich klare, messbare Ziele. Diese reichen von kurzfristigen Zielen wie dem Erreichen eines bestimmten Körperfettanteils bis hin zu langfristigen Zielen wie der Vorbereitung auf Wettkämpfe oder der persönlichen Bestleistung. Diese Zielorientierung fördert nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die mentale Stärke. Die Fähigkeit, sich auf ein Ziel zu fokussieren und die notwendigen Schritte konsequent umzusetzen, ist eine Kompetenz, die in vielen Lebensbereichen von Vorteil ist.
Umgang mit Rückschlägen
Rückschläge sind im Leben eines Bodybuilders unvermeidlich: Verletzungen, Plateaus im Training oder persönliche Krisen. Doch die Fähigkeit, diese Hindernisse zu überwinden und weiterzumachen, ist ein Zeichen wahrer Disziplin. Diese Resilienz lehrt uns, dass Misserfolge nicht das Ende bedeuten, sondern Chancen zum Wachsen und Stärkerwerden sind.
Mentale Stärke und Selbstkontrolle
Das konsequente Einhalten von Ernährungsplänen, das Durchhalten beim Training und die Fähigkeit, Versuchungen zu widerstehen, sind Ausdruck einer starken Selbstkontrolle. Diese mentale Stärke ist essenziell, um langfristige Ziele zu erreichen und sich nicht von kurzfristigen Versuchungen ablenken zu lassen.

Anthropologische Perspektive: Der Körper als kulturelles und soziales Symbol
Der menschliche Körper ist nicht nur ein biologisches Objekt, sondern auch ein kulturelles und soziales Symbol. In vielen Kulturen wird der Körper als Ausdruck von Identität, Macht und Status betrachtet. Bodybuilding ist eine moderne Form der Körperkultur, die tief in anthropologischen Traditionen verwurzelt ist.
Körperideale und gesellschaftliche Normen
Die Vorstellungen von Schönheit, Stärke und Männlichkeit haben sich im Lauf der Geschichte gewandelt. Bodybuilder verkörpern oft ein Ideal, das in unserer Gesellschaft hoch geschätzt wird: Disziplin, Hingabe und körperliche Perfektion. Diese Ideale spiegeln Werte wie harte Arbeit, Selbstverbesserung und Durchhaltevermögen wider. Indem wir die Disziplin der Bodybuilder anerkennen, erkennen wir auch die kulturellen Normen an, die diese Werte formen.
Gemeinschaft und Zugehörigkeit
Bodybuilding ist häufig mehr als nur ein individueller Sport; es ist eine Gemeinschaftsangelegenheit. Fitnessstudios, Wettkämpfe und Online-Foren schaffen Räume, in denen Menschen ihre Ziele teilen, sich gegenseitig motivieren und unterstützen. Diese soziale Bindung ist ein wichtiger anthropologischer Aspekt, der zeigt, wie Menschen durch gemeinsame Interessen und Werte verbunden werden. Die Unterstützung innerhalb dieser Gemeinschaften stärkt das Gefühl der Zugehörigkeit und fördert die Disziplin.
Rituale und Symbolik
Das Training, die Ernährung, die Wettkampfvorbereitungen – all das sind Rituale, die eine tiefere Bedeutung haben. Sie strukturieren den Alltag, geben Orientierung und schaffen eine gemeinsame Kultur. Das Tragen bestimmter Kleidung, das Anzünden der Wettkampflampe oder das gemeinsame Feiern nach einem Erfolg sind symbolische Handlungen, die Gemeinschaft und Identität stärken.
Die emotionalen und psychologischen Aspekte: Selbstwert, Stressmanagement und emotionale Resilienz
Die Disziplin der Bodybuilder hat auch tiefgreifende emotionale Auswirkungen. Sie fördert nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das psychische Wohlbefinden.
Selbstwertgefühl und Körperbewusstsein
Die Transformation des Körpers durch konsequentes Training kann das Selbstwertgefühl erheblich steigern. Viele Menschen, die mit ihrem Aussehen unzufrieden waren, finden durch das Training eine neue Perspektive auf sich selbst. Diese positive Veränderung stärkt das Selbstvertrauen und wirkt sich auf andere Lebensbereiche aus. Die Fähigkeit, sich selbst zu disziplinieren und Ziele zu erreichen, vermittelt ein Gefühl der Kontrolle und Selbstwirksamkeit.
Stressabbau und mentale Gesundheit
Körperliche Aktivität ist ein bewährtes Mittel zur Stressreduktion. Für Bodybuilder ist das Training nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine mentale Zuflucht. Es hilft, den Kopf frei zu bekommen, Ängste abzubauen und emotionale Spannungen zu lösen. Die Routine und die Zielorientierung bieten Struktur im Alltag und fördern die mentale Stabilität.
Emotionale Resilienz
Der Umgang mit Rückschlägen, Verletzungen oder Plateaus stärkt die emotionale Resilienz. Bodybuilder lernen, Niederlagen als Teil des Wachstumsprozesses zu akzeptieren und gestärkt daraus hervorzugehen. Diese Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, ist eine wertvolle Lektion für jeden Menschen.
Lektionen für unser eigenes Leben: Was wir von Bodybuildern lernen können
Die Disziplin und Hingabe der Bodybuilder bieten wertvolle Erkenntnisse, die weit über das Fitnessstudio hinausgehen:

- Langfristige Perspektive: Geduld und Ausdauer sind essenziell. Ergebnisse brauchen Zeit, und nachhaltiger Erfolg erfordert Kontinuität.
- Die Kraft der Routine: Feste Abläufe helfen, Ziele konsequent zu verfolgen und mentale Stabilität zu bewahren.
- Selbstfürsorge: Auf den eigenen Körper zu hören und ihn zu pflegen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke.
- Resilienz: Rückschläge gehören dazu. Wichtig ist, wie wir damit umgehen und gestärkt daraus hervorgehen.
- Kontrolle und Selbstdisziplin: Die Fähigkeit, Versuchungen zu widerstehen und fokussiert zu bleiben, ist eine Schlüsselkompetenz im Leben.
Die Frage: Sind Bodybuilder weniger intelligent oder besser ausgebildet als die Allgemeinbevölkerung?
In der öffentlichen Wahrnehmung werden Bodybuilder oft nur auf ihre Muskelmasse reduziert. Doch aktuelle Studien und Beobachtungen zeigen ein anderes Bild: Viele Bodybuilder verfügen über ein hohes Bildungsniveau und besitzen fundierte Kenntnisse in Ernährung, Anatomie und Trainingswissenschaften.
Laut einer Untersuchung des Journal of Sports Sciences von 2018 weisen Bodybuilder tendenziell höhere Bildungsabschlüsse auf als die Durchschnittsbevölkerung. Das liegt daran, dass der Einstieg in den Sport oft mit einem gewissen Maß an Planung, wissenschaftlichem Verständnis und Disziplin verbunden ist. Viele beschäftigen sich intensiv mit Themen wie Ernährung, Supplementierung und Trainingslehre – Fähigkeiten, die kognitive Kompetenzen erfordern.
Zudem zeigen Tests zur kognitiven Leistungsfähigkeit, dass Bodybuilder in einigen Fällen sogar überdurchschnittlich intelligent sind. Ihre Fähigkeit, komplexe Trainingspläne zu verstehen, Ernährungsstrategien umzusetzen und wissenschaftliche Literatur zu lesen, spricht für eine hohe kognitive Flexibilität und Lernfähigkeit.
Auch ihre Kenntnisse in Ernährung und Gesundheit sind beeindruckend. Viele Bodybuilder sind in der Lage, ihre Ernährung präzise auf ihre Ziele abzustimmen und verfügen über ein tiefgehendes Verständnis für Makronährstoffe, Supplemente und den Einfluss verschiedener Lebensmittel auf den Körper. Diese Spezialisierung erfordert kontinuierliche Weiterbildung und wissenschaftliche Auseinandersetzung.
Mein Fazit
Die Disziplin der Bodybuilder ist weit mehr als nur ein Weg, um einen bestimmten Körper zu formen. Sie ist ein Lebensstil, der tief in psychologischen und anthropologischen Prinzipien verwurzelt ist. Indem wir ihre Hingabe und ihr Engagement anerkennen, können wir wertvolle Lektionen für unser eigenes Leben ziehen. Vorurteile und Stereotype sollten wir hinterfragen, denn die meisten Bodybuilder sind hochgebildet, diszipliniert und kompetent – in Bereichen, die wir oft unterschätzen.
Ihr Einsatz für Wissenschaft, kontinuierliche Weiterbildung und Selbstdisziplin zeigt, dass sie in vielen Bereichen der Gesellschaft Vorbilder sein können. Es ist an der Zeit, die Vorurteile abzubauen und die positiven Aspekte dieser Lebensweise zu würdigen.
Abschließende Gedanken
Wie Sabine (u.a. Deutsche Meisterin, Bayrische Meisterin, EM – Vierte etc.) mir kürzlich schrieb:
„Disziplin ist Selbstliebe.“
Und genau das ist es: Sich selbst zu lieben, indem man Verantwortung für den eigenen Körper, Geist und Lebensstil übernimmt. Die Disziplin der Bodybuilder lehrt uns, dass nachhaltiger Erfolg nur durch Hingabe, Zielstrebigkeit und Resilienz möglich ist – Werte, die wir alle in unserem Alltag brauchen.
Lasst uns also die unsichtbare Disziplin hinter den beeindruckenden Körpern und Erfolgen erkennen und daraus lernen. Denn in der Tiefe ihrer Hingabe liegt eine universelle Wahrheit: Der Weg zu einem erfüllten Leben führt durch Selbstmotivation, Kontinuität und die Bereitschaft, immer wieder aufzustehen – egal, wie schwer der Weg auch sein mag.
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