Unternehmen in Deutschland sind dazu verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden systematisch zu erfassen. Seit 2022 müssen Unternehmen nicht nur Überstunden und Fehlzeiten festhalten. Die Arbeitszeit der Mitarbeitenden muss vollständig erfasst werden. Dabei geht es nicht zuletzt um Transparenz und um den Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Für Führungskräfte bedeutet das, die gesetzlichen Vorgaben zu kennen und im Unternehmen mit passenden Systemen und Prozessen zu verankern. Dabei ist ein Händchen für praktische Lösungen gefragt. Wir erklären, was Unternehmen und Führungskräfte bezüglich der Arbeitszeiterfassung wissen und beachten sollten und wie moderne Tools helfen können, die Zeiterfassung rechtssicher, effizient und alltagstauglich umzusetzen.
Rechtliche Rahmenbedingungen im Überblick
Seit September 2022 sind Arbeitgebende in Deutschland dazu verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden komplett zu erfassen. Grundlage für den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitsschutzgesetz. Mit seinem Beschluss macht das BAG das Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 für deutsche Unternehmen bindend. Es genügt für Unternehmen nun nicht mehr, nur Überstunden oder Abwesenheiten zu dokumentieren. Die gesamte geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten muss vollständig und verlässlich erfasst werden. Seit April 2023 gibt es einen ersten Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren.
Rechtskonforme Umsetzung in der Praxis
Soweit die Theorie. In der Praxis bedeutet die Gesetzeslage die Einführung entsprechender Tools und Systeme für die gesetzeskonforme Arbeits- und Projektzeiterfassung. Arbeitgebende müssen sicherstellen, dass die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden nachvollziehbar und verlässlich erfasst werden. Das Erfassungssystem muss zugänglich sein und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten unterstützen. Zudem sieht ein erster Gesetzesentwurf vor, dass die Arbeitszeiterfassung in Zukunft elektronisch erfolgen soll. Konkretere Vorgaben zur Zeiterfassung macht das BAG nicht.
So gibt es für die Unternehmen bei der Wahl geeigneter Systeme reichlich Spielraum – aber auch Herausforderungen technischer und organisatorischer Art. Um den gestiegenen Anforderungen zu entsprechen, reichen einfache Excel-Tabellen in der Regel nicht aus. Digitale Systeme, die rechtssicher, transparent und datenschutzkonform arbeiten, sind gefragt. Die Tools sollten sich zudem im besten Fall nahtlos in bestehende Softwaresysteme integrieren lassen – etwa in Microsoft Teams oder andere Projektmanagement-Tools. Dann profitieren nicht zuletzt die Unternehmen von einer automatisierten Zeiterfassung. Mithilfe von Echtzeitdaten können Ressourcen besser gesteuert, Mitarbeitende effizient eingesetzt werden.
Es ist wichtig, dass die verwendeten Tools und Systeme fälschungssicher arbeiten und nachvollziehbar dokumentieren, wann Mitarbeitende ihre Arbeit beginnen, unterbrechen und beenden. Nur so ist das Unternehmen im Fall einer Prüfung durch die Behörden oder bei einem Streitfall mit Beschäftigten ist das Unternehmen auf der sicheren Seite. Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren, die bei der Wahl eines passenden Systems zur Zeiterfassung beachtet werden sollten.
Bei der Auswahl eines Tools sollten Unternehmen folgende Kriterien prüfen:
- Rechtskonformität – entspricht das Tool den Anforderungen des BAG und des Arbeitszeitgesetzes?
- Datenschutzkonformität – entspricht die Lösung den aktuellen Datenschutzbestimmungen?
- Integrationsfähigkeit – lässt sich das System in vorhandene Softwaresysteme einbinden?
- Nutzerfreundlichkeit – kann das Tool für alle Mitarbeitenden leicht zugänglich gemacht werden und ist es intuitiv bedienbar?
- Skalierbarkeit – Kann das Tool bei steigenden Anforderungen mitwachsen?
Ausnahmen von der Zeiterfassungspflicht
Wo es Regeln gibt, gibt es Ausnahmen. Das gilt auch in puncto Zeiterfassungspflicht. Grundsätzlich müssen Unternehmen die Arbeitszeiten aller Arbeitnehmenden erfassen. Für leitende Angestellte gibt es allerdings Sonderregelungen. So ist für sie eine Pflicht zur Zeiterfassung nicht vorgesehen. Leitende Angestellte unterliegen nicht dem Arbeitszeitgesetz. Und so sieht auch der aktuelle Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes keine Ausweitung der Zeiterfassungspflicht auf leitende Angestellte vor.
Vertrauensarbeitszeit weiterhin erlaubt
Die neuen Regelungen zur Arbeitszeiterfassung werfen zudem die Frage auf, ob Unternehmen und Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden weiterhin Vertrauensarbeitszeit vereinbaren können. Tatsächlich ist die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit auch in Zukunft erlaubt. Im Rahmen der Vertrauensarbeitszeit können die Mitarbeitenden ihre Arbeitszeit weitgehend eigenverantwortlich gestalten, solange sie ihre Zielvereinbarungen einhalten. Das bedeutet natürlich nicht, dass die gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz damit ungültig wären. Auch bei Vertrauensarbeitszeit gelten Vorgaben wie die zur Höchstarbeitszeit und zu Ruhezeiten. Daher steht eine Vertrauensarbeitszeit der Pflicht zur Zeiterfassung auch nicht im entgegen. Die Zeiterfassung sorgt auch bei Mitarbeitenden, die nach diesem Arbeitszeitmodell arbeiten, für Transparenz und Einhaltung des Gesundheitsschutzes.
Zeiterfassung, Überstunden und Vergütung
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung hängt nicht zuletzt mit der Vergütung zusammen. Der Referentenentwurf sieht vor, dass die Unternehmen ihren Mitarbeitenden auf Wunsch eine Übersicht ihrer erfassten Zeiten bereitstellen. Gleichzeitig bleibt es dabei, dass Beschäftigte nach wie vor belegen müssen, dass sie Überstunden nicht nur geleistet haben, sondern dass diese auch vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet wurden. Die Zeiterfassung reicht als Nachweis nicht aus. Um rechtliche Risiken zu vermeiden, sollten Unternehmen trotzdem klare Regelungen zum Thema Überstunden treffen und einhalten. Möglich ist dies beispielsweise durch rechtskräftige Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag. Pauschale Überstundenabgeltungen sollten in diesem Sinne geprüft werden, da sie oft nicht rechtssicher formuliert sind.
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